Ganz so schlecht kann sie nicht sein, die „wahrscheinlich schlechteste Skihütte am Arlberg“ … Der MOOSERWIRT ist DER Inbegriff und Trendsetzer des Après-Ski. Zwischen Weihnachten und Ostern ist die Hütte gesteckt voll – sieben Tage die Woche. Rund 90 Mitarbeiter sorgen dafür, dass die tausenden feierwütigen Gäste jederzeit ein volles Glas haben, was nicht nur logistisch eine Herausforderung bedeutet. Was der bestens versorgte Gast nicht sehen kann: Hinter und unter den Tresen verbirgt sich eine bis zum Exzess ausgefeilte gastronomische Infrastruktur: Von der Bestellung bis zur Zapfmenge ist alles, was technisch möglich ist, elektronisch gesteuert. Ein Labyrinth aus kilometerlangen Schläuchen befördert Tausende Liter kühles Bier und heißen Glühwein aus den unterirdischen Getränkelagern zu den Zapfhähnen.

2011 wurde mit der Eröffnung des MOOSER Hotel (4,5 Sterne) eine einzigartige Kombination geschaffen, mit der einmal mehr neue Maßstäbe in der alpinen Gast-Wirtschaft gesetzt wurden.

Mit Hartnäckigkeit ist es gelungen, Eugen Scalet zum Markengespräch zu bitten – eine unvergessliche, 17-stündige Gelegenheit mit Seltenheitswert, denn der Kopf der wohl berühmtesten Skihütte am Arlberg steht nicht gern im Rampenlicht. Und außerdem macht er sowieso prinzipiell nur das, was er gerne macht.

„Wenn wir nicht mehr besser werden können,
machen wir etwas Neues.“

Über das Fundament

„Ich war immer ein Grenzgänger, aber nie auch nur im Entferntesten am Aufgeben.“

Als ältestes von vier Bergbauern-Kindern war Eugen Scalets Kindheit geprägt von harter Arbeit und dem täglichen Überlebenskampf der Eltern, die Tag und Nacht „gebuckelt“ haben, ohne auch nur in die Nähe eines Auskommens zu gelangen. Not macht bekanntlich erfinderisch, und so wurde Eugen Scalet von klein auf in seiner Kreativität bestärkt und gefördert. Er hat gelernt, mit Schwierigkeiten umzugehen, zu improvisieren wenn nötig, nichts als Sselbstverständlich anzunehmen. Das erklärt vielleicht die eine oder andere wirtschaftlich gewagte Entscheidung, denn Eugen Scalet ist es gewohnt, am Rand des Abgrunds zu balancieren – ohne Angst vor einem Absturz.

Über Freiheit und Verantwortung

„Eigentlich wollte ich drüben bleiben.“

Seine Lehr- und Wanderjahre führten Eugen Scalet zunächst in die Schweiz, wo er ein Jahr lang Erfahrung im Bankwesen sammelte. Das Wissen, das er sich dort im Umgang mit Zahlen aneignete, sollte ihm später noch zugute kommen. Danach folgte ein wildes Jahr in Kalifornien: Als 23-jähriger hauste er als „Durchgeknallter unter Durchgeknallten“ im Baumhaus und gründete gemeinsam mit zwei Freunden die „Mickey Mouse Construction Company“, die hoch erfolgreich Steinmauern und -verkleidungen mit 1000-jähriger Garantie :-) fertigte. (Die Namensgleichheit mit einer bekannten Comic-Figur war kein Zufall, blieb aber ungesühnt.)

Wäre es nach ihm gegangen, wäre Eugen Scalet in den USA geblieben, und den MooserWirt als solchen würde es heute nicht geben. Er hatte aber seiner Mutter das Versprechen gegeben, für sie da zu sein, wenn sie ihn brauche. Als sein Vater schwer erkrankte, kehrte er daher nach Tirol zurück, wo er zunächst als Kameramann für eine amerikanische Firma arbeitete.

Nach dem Tod des Vaters 1987 stellte sich unter den Geschwistern weniger die Frage „Wer bekommt was“, sondern vielmehr „Wer traut es sich zu, den hoch verschuldeten Hof zu übernehmen?“ Eugen als der älteste Sohn, im Umgang mit Zahlen erfahren und bereits weit gereist, nahm schließlich die Verantwortung auf sich.

Über Bergauf und trotzdem bergab

„Mein größter Motivator war die Verzweiflung.“

Die Idee, aus dem Bergbauernhof mit vier Gästezimmern eine Skihütte zu machen, war gar nicht weit hergeholt – um genau zu sein, aus etwa 200 Meter Entfernung: Die „Sennhütte“ brummte, und so lag es auf der Hand, das Konzept einfach zu übernehmen und auch Skifahrer zu bewirten. Man könnte meinen, die neue Hütte in unmittelbarer Nachbarschaft wäre dem Betreiber Karl Senn ein Dorn im Auge. Dieser jedoch erwies sich als „menschlicher Gigant“, der den „Buam“ sogar in seinem Vorhaben bestärkte und tatkräftig unterstützte. Es folgten zwei Jahre Plackerei: Sieben Tage die Woche hinter dem Tresen – „Umsatz machen“ war die Devise. Die Umsätze stiegen kontinuierlich, der Schuldenberg allerdings auch. Eugen Scalet musste erkennen, dass ein Tiroler Markenoriginal wie Karl Senn nicht duplizierbar ist – er selbst besaß nicht die Anziehungskraft eines Wirtes, sah nicht aus wie ein Wirt, war einfach kein klassischer Wirt. Wer ihm in dieser wirtschaftlich sehr schweren Zeit zur Seite stand, war sein Freund und Steuerberater, „der Spiss Didi“, der die Banken überzeugte, die Füße still zu halten, sie auch vom „Konzept“ MooserWirt überzeugen konnte, und Eugen dadurch die Luft verschaffte, die er für eine Weiterentwicklung brauchte.

Über Fehler als Investition

„Ich habe keine Angst vor Fehlern! Wir haben schon viel Geld verloren, aber ich bin überzeugt, dass wir das anschließende Geld nur dadurch verdient haben.“

So standen nach vier Jahren MooserWirt die Zeichen auf Erfolg, und Eugen Scalet nahm die Gelegenheit wahr, sich an einem vielversprechenden Projekt in Miami Beach zu beteiligen. Was er nicht eingeplant hatte, war die amerikanische Business-Kultur („Wer besch… den anderen schneller“) – wobei ein wirtschaftlicher Absturz in den USA bei weitem nicht die Tragweite hat wie in Europa: „Danach kannst du weitermachen, das ist fast schon sportlich. Bei uns hast du nach einer Pleite einen Stempel drauf – ein Leben lang.“ Die bittere Erfahrung und das Lehrgeld, das er ablegen musste, nimmt Eugen Scalet allerdings ohne Groll hin – ganz im Gegenteil: Seiner Meinung nach war das der „Tipping Point“ – die Wende, seit der er weiß, wo er hingehört und all seine Leidenschaft und sein Herzblut in seinen MooserWirt legt.

Über die Liebe

„Wenn jemand in harten Zeiten zu dir steht, ist eigentlich alles geregelt … kitschig, oder?“

Dass die beiden O im MooserWirt-Logo an Eheringe erinnern, ist laut Eugen Scalet ein Zufall. Zufälligerweise haben Eugen und AnnaMaria genau in dem Jahr, aus dem der Entwurf stammt, geheiratet … Generell spricht Eugen Scalet mit großer Wertschätzung und Dankbarkeit über seine Frau, mit der er bereits ein halbes Jahr vor „Grundsteinlegung“ zusammen war und bei der er im ersten Moment wusste „Das wird die Meinige“ – was sie ihm bis heute noch nicht abnimmt. Echt kitschig, oder?

Über Dresscode und Promifaktor

„Im Hotel haben sie mir die Flipflops verboten.“

Die Kapazunder der Sport-, Kultur- und Wirtschaftsprominenz sind schon im Bauernhaus seiner Eltern gesessen – vor allem seine Mutter war eine grandiose Gastgeberin. Vielleicht fühlen sich deshalb die sogenannten A-Promis so wohl beim MooserWirt – weil ihre Anwesenheit hier etwas Alltägliches ist und keiner ausflippt, wenn ein bekanntes Gesicht in der Menge auftaucht. „Sehen und gesehen werden“ wird anderswo gespielt, zum MooserWirt kommt man, wie man ist. Der Wirt selbst ist meistens in kurzen Hosen und Flip Flops anzutreffen – außer im Hotel, da hat wohl Frau Scalet ein Machtwort gesprochen …

Über Sterne, Hauben und Frauenkleider

Koch kocht gegen Koch.“

Auf die Frage „Für wen kochst du?“ würde wohl jeder Koch spontan antworten: „Für den Gast.“ Für Eugen Scalet dasselbe, wie wenn Frauen behaupten, sie machen sich für den werten Gatten hübsch … die Wahrheit ist, sie tun es für die Konkurrenz: Die anderen anwesenden Damen müssen übertrumpft und Kommentare über etwaige modische Fehlgriffe oder ungünstig verteilte Rundungen vermieden werden. Und genauso kritisch wie die Damenwelt beäugen sich Köche untereinander. Dabei geht es nicht einmal in erster Linie um Auszeichnungen, sondern schlicht und einfach darum, besser zu sein.

Nehmen Sie´s also als Gast nicht persönlich, wenn es Ihrem Koch vollkommen egal ist, wer an seinem Tisch sitzt. Ihnen kann es ja auch egal sein, dass Sie den Genuss der köstlichsten, innovativsten, spektakulärsten Kreationen im Restaurant „OOBEN im MOOSER“ dem internen Koch-an-Koch-Rennen zu verdanken haben …

Über Marke und Ehrlichkeit

„Man kann Marken nicht entwickeln, aber man kann sie schnell kaputtmachen.“

Das Prinzip ist ganz einfach: Sauberkeit und Qualität als Lebenseinstellung – unantastbar und bis ins kleinste Detail – bzw. die Schaumkrone auf dem Bier – gelebt. „Du musst ehrlich sein –gegenüber den Gästen, den Mitarbeitern, der Familie und dir selbst – fertig. Das merken die Gäste.“

Über Wirt oder Hotelier

„Ich hätte nie gedacht, dass das Hotel so viel Spaß macht.“

Dass man in Ruhe im ****Superior-Hotel entspannen kann, während gleich nebenan die Party-Post abgeht, ist kaum vorstellbar. Ist aber so – dank ausgeklügelter Schallschutz-Technik. Aus diesem Grund werden MooserWirt und MOOSER Hotel nie als Einheit präsentiert: Man wollte nicht den Après-Ski-Gästen eine luxuriöse Übernachtungsmöglichkeit bieten, sondern sich vielmehr als erstklassiges Hotel mit Plus-Faktor profilieren.

Als „Greenhorns“ in der Hotellerie hat man sich viel Zeit zum Planen, Wachsen und Entwickeln genommen: Die Bauzeit betrug ganze drei Jahre. Mittlerweile würde sogar die

5*****Superior-Kategorie locker erreicht werden – das wird aber nicht in Anspruch genommen, denn man fürchtet, dass dadurch die Lockerheit verloren gehen könnte…

Über Optimierung als Unternehmenskultur

„Wir wollen einfach fanatisch immer besser werden – und zwar in einer bestimmten Art und Weise.“

Nach 11 Jahren des Optimierens und Umbauens stellte Eugen Scalet fest, dass es nichts mehr zu optimieren gab. Also wurde die Hütte kurzerhand abgerissen – ohne dass es der Gast bemerkt hat -, um die „Skihütte der Superlative“ zu bauen. Seitdem ist natürlich auch schon wieder alles anders geworden, und „wir könnten schon wieder“… Wer stehen bleibt, bleibt nicht an der Spitze!

Als Impulsgeber sieht Eugen Scalet mehr und mehr die Mitarbeiter: Verbesserungen ergeben sich aus dem Tun, und so werden Vorschläge gerne angenommen – allerdings in einem Atemzug mit der Frage: „Was ändert sich für die Gäste?“

Die wohl entscheidendste Erkenntnis aus seiner Erfahrung als Unternehmer: Veränderungen, die darauf abzielen, mehr Umsatz zu generieren, gehen prinzipiell nach hinten los. Die sinnvollen und nachhaltigen Veränderungen sind die, die dem Gast ein Plus bringen.

Über Kontinuität und Innovation

„Ich glaube nicht mehr, dass man jedem Hund nachspringen muss.“

Veränderung um des Veränderns willen gibt es nicht mehr, Reformen werden mit Maß und Ziel umgesetzt: Eugen Scalet ist ruhiger geworden, überlegter. „Wir verändern uns sowieso laufend, aber in relativ kleinen Schritten. Man muss die Gäste und die Mitarbeiter schon mitnehmen.“

Über Mitarbeiterführung

„Management zwischen Tür und Angel.“

Auf der Weisheit letzten Schluss ist man auch im MooserWirt noch nicht gekommen. Praktiziert wurden schon alle klassischen Varianten, zuletzt eine etwas straffere Führung – auf Wunsch der Mitarbeiter. „Gerade die jungen Leute erweisen sich oft

als hervorragende Umsetzer, brauchen aber ganz klare Vorgaben und Hierarchien.“

Aber jeder Betrieb braucht auch Leute, die Entscheidungen treffen können, die keine Angst vor Fehlern haben und Verantwortung übernehmen: Die Richtung bestimmt ein bewährtes Führungsteam, bestehend aus Familienmitgliedern und langjährigen Freunden. Und nicht zuletzt lebt der MooserWirt von den „Typen“: Dem DJ Gerhard, der seit mehr als 25 Jahren den Ton angibt, dem Heli, der im Stüberl eine eigene „Marke in der Marke“ führt, und viele mehr: Originale mit eigener Fanbase, die genauso zum MooserWirt gehören wie der Jagatee zum Après-Ski. Allerdings muss hier darauf geachtet werden, dass das Handeln jedes Einzelnen immer im Sinne der Marke MooserWirt bleibt.

Seine Aufgabe sieht Eugen Scalet darin, Probleme, die JETZT da sind, JETZT zu lösen. Er bezeichnet sich selbst als schlechten Zuhörer – wer zu ihm kommt, muss damit rechnen, eine prompte Lösung präsentiert zu bekommen.

Über Social Media und Authentizität

„Unser Gästebuch ist Steinzeit, aber es lebt.“

Mit Facebook, Twitter & Co konnte sich Eugen Scalet nie wirklich anfreunden. Er meint, dass man das „eigentlich müsste“, andererseits hat er so wenig Bezug zu diesen Kommunikationsformen, dass er sicher ist, damit unglaubwürdig zu werden. Da bleibt er lieber authentisch und nutzt das gute alte Gästebuch auf der MooserWirt Homepage, das zwar (auf durchaus charmante Weise) altmodisch ist, aber auch intensiv genutzt wird. Denn jeder Eintrag wird vom Chef höchstselbst beantwortet.

Allesentscheidend

„Was die Marke MOOSERWIRT so dauerhaft stark macht, beruht auf persönlichen Werten: Ehrlichkeit und Authentizität. Und auf dem unstillbaren Hunger, sich weiterzuentwickeln.“

Impressum: Interview: Thomas Stranig, Text: Vero Neubacher, Bilder: Archiv Mooserwirt, Patrick Säly,